Doch nur Randerscheinung? Was der Mikrozensus über gleichgeschlechtliche Partnerschaften sagt
Seit 2002
ermöglicht es das „Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft“ (LPartG)
zwei Menschen gleichen Geschlechts sich als Lebenspartner registrieren zu
lassen. Die Rechtsfolgen des eigenständigen Rechtsinstituts der Lebenspartnerschaft sind zum größten Teil den Rechtsfolgen der Ehe in bürgerlich-rechtlichen Angelegenheiten
nachgebildet. Unterschiede zwischen beiden Rechtsinstituten bestehen noch im
Steuerrecht, im Beamtenrecht sowie im Recht zur Adoption. Kontrovers diskutiert
wird in Politik und Medien, ob diese Unterschiede beseitigt werden sollen. Im
Blick auf die Reichweite und soziale Dimension dieser Problematik sind die Erkenntnisse
der amtlichen Statistik aufschlussreich. Die gibt es. Denn seit 1996 wird im
Mikrozensus nicht mehr nur nach einem Ehepartner, sondern auch nach einem
nicht- ehelichen Lebenspartner im Haushalt gefragt. Die Frage nach einer
Lebenspartnerschaft im Haushalt ist geschlechtsneutral formuliert, so dass auch
gleichgeschlechtliche Partnerschaften erfasst werden. Unter einer
gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft wird im Mikrozensus eine
Lebenspartnerschaft verstanden, bei der zwei Lebenspartner gleichen Geschlechts
mit oder ohne Trauschein bzw. mit oder ohne notarielle Beglaubigung in einem
Haushalt zusammenleben und gemeinsam wirtschaften.
Über die Frage zur Lebenspartnerschaft weist der Mikrozensus für das Jahr 2006 rund 62.000 gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften aus. Fast zwei Drittel der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften wurden von Männern geführt. Über die Frage nach einem Lebenspartner im Haushalt hinaus versuchen die Statistiker die Verbreitung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften zusätzlich auch mit einem Schätzverfahren zu erfassen. Hierfür werden alle Haushaltsbezugspersonen von Zweifamilienhaushalten mit familienfremden Personen ausgezählt. In diesen Zweifamilienhaushalten müssen (mindestens) zwei nicht verwandte 16-jährige oder ältere Personen gleichen Geschlechts leben, die keine Ehegatten im Haushalt haben, bzw. nicht verheiratet und beide familienfremd sind. Folgte man diesem Schätzkonzept hätte es in Deutschland 2006 rund 177.000 gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gegeben (1).
Zu berücksichtigen ist aber, dass nach diesem Konzept beispielsweise auch Wohngemeinschaften von Studenten ohne partnerschaftlichen Hintergrund in die Gesamtzahl eingehen (2). Die Ergebnisse nach dem Schätzkonzept sind daher als eine Obergrenze für die Zahl gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften anzusehen. Nach Berechnungen des Heidelberger Soziologen Thomas Klein lag der Anteil der 16-Jährigen und Älteren, die mit einem Partner gleichen Geschlechts zusammen lebten, in den Jahren 1996 bis 2004 zwischen 0,1 bis 0,3 %, bzw. bei maximal 0,3 bis 0,5 %, wenn man das großzügige Schätzkonzept als Maßstab nimmt (3).
Auch über das Interesse an der „eingetragenen Lebenspartnerschaft“ ermöglicht der Mikrozensus nähere Aufschlüsse: Demnach waren im Jahr 2005 12.000 aller gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften zugleich eingetragene Lebenspartnerschaften. Das entspricht 19 % aller Lebensgemeinschaften von Partnern gleichen Geschlechts bzw. 7 % aller Haushaltsgemeinschaften von zwei nicht verwandten 16-jährigen oder älteren Personen gleichen Geschlechts. Dagegen nehmen fast 90 % aller in einem gemeinsamen Haushalt lebenden gegengeschlechtlichen Paare das Rechtsinstitut der Ehe in Anspruch.
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(1) Vgl.: Stefan P. Rübenach/Julia Weinmann: Haushalte und Lebensformen der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus 2006, S. 113-133, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Wirtschaft und Statistik 2/2008, S. 130.
(2) Vgl.: Statistisches Bundesamt: Leben in Deutschland. Ergebnisse des Mikrozensus 2005, Wiesbaden 2006, S. 33-34.
(3) Vgl.: Andrea Lengerer/Thomas Klein: Der langfristige Wandel partnerschaftlicher Lebensformen im Spiegel des Mikrozensus, S. 433-447, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Wirtschaft und Statistik, 4/2007, S. 439